Alltagstrance

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In der Psychologie wird Trance als Sammelbegriff für Bewusstseinsdissoziationen gekennzeichnet, die durch innere oder äußere Reize unwillkürlich erzeugt werden und die im allgemeinen nicht Pathogen sind. Unter der Alltagstrance kann ein unwillkürlich angeregter Gedankenstrom verstanden werden, der durch Imagination und/oder einen inneren Monolog eine alternative Realität konstruiert. Im NLP von Bandler & Grinder wird stark mit der bewussten Wahrnehmung dieser Zustände gearbeitet. Die Alltagstrance ist ein natürlicher Bewusstseinsprozeß des Menschen die mit einer Dominanz des parasympathischen Nervensystems, Entspannung, leichter sexueller Erregung , Pupillenerweiterung und Veränderung der Körperhaltung (z.B. Kreuzung der Füße, Neigung des Kopfes, verminderter Muskeltonus, vermindertes Atemvolumen, nach innen fokusierter Aufmerksamkeit, langsameres Sprechen) einhergeht.

Von S. Freud wurde die Einleitung dieser Trance – Prozesse in seiner Traumdeutung (1900) als Primärprozess (unbewusster Systemprozess) definiert, der nachfolgende Sekundärprozess beinhaltet alle vorbewussten-bewussten Systemprozesse des Menschen, wobei er eine Verwandtschaft zwischen Nachttraum und Wachtraum (Alltagstrance) feststellte. Beide Prozesse (Primär– und Sekundär-Prozess in den Trance-Zuständen) sind nicht starr und durch die Kindheit manifestiert, sie entwickeln sich im Laufe eines Lebens (Fosshage, J.L. (1983)).

Säuglinge/Kleinkinder ab ca. dem 3. Monat leben ständig in einer Art Alltagstrance, die mehrere Jahre ihr Wahrnehmungssystem dominiert. Ab 1 1/2 Jahre enstehen Phantasien. Ab diesem Zeitpunkt sind die für Alltagstrance wichtigen Charakteristika Verdichtung und Verschiebung innerhalb eines Symbolgefüges möglich (Dornes 1993,1998,1999). Wichtig bei Säuglingen/Kleinkindern ist, das sie immer Sinneserfahrungen und Gefühle in alle Beziehungsmuster einweben, da der kongnitive Verarbeitungsvorgang noch nicht ausgereift ist. Die verschiedenen Durchschnittserwartungen, die ein Kleinkind hat, wurden von Stern als „generalisierte Interaktionsrepräsentationen“ (RIG) bezeichnet. Aus diesen RIG-Grundeinheiten entsteht das Episodengedächnis, das dem Kind das Kern-Selbst vermittelt. Immer wenn ein Kind ein Gefühl hat, wird es das vorher gespeicherte RIG hervorrufen und verstärken. Das Erregungs– und Gefühlsniveau, das ein Kleinkind aufbaut, überträgt es allmählich auch auf andere Menschen. Wenn die erlebten Erfahrungs– und dazugehörigen Alltagstranceprozesse ungenügend verlaufen, entsteht ein falsches und gestörtes selbst (Stern 1993,200). Fehlangepasste Verhaltensweisen führen zu psychischen Störungen bei denen bewusste und unbewusste Anteile zusammengesetzt und in maladaptiven Verhaltensmustern gespeichert und mit den gegenwärtigen Menschen beständig neuinszeniert werden (Meier (2005)). Derartige Beziehungsmusterstörungen wurden ab 1954 von Hanscarl Leuner durch die Katathym-imaginative Psychotherapie versucht zu beseitigen (ab 1993 als KIP bezeichnet) die, wie einige Vorgehensweisen im NLP als begleitete Tagestrance bezeichnet werden kann und die in hohem Maße die Aktivierung von emotionalem und sensorisch-somatischem Erleben mit bildlicher Übersetzung und anschließender Reflexion/Elaboration bietet. Leuner kam zu der Erkenntnis, dass durch geführte Imaginationen umfassende Änderungen der Psyche möglich sind, indem die Operation am SYMBOL das zu den krisenanfälligen Stellen im Individuum geführt hat, den dazugehörigen negativen emotionalen Zustand (z.B. Schuld, Erwartung, Misstrauen…in interpersonellen Beziehungsmusterreaktionen) in einen positiven verändern kann. Die KIP soll, ähnlich wie Teile des NLP der Ressourcenaktivierung, der Konfliktbearbeitung und der spontanen Entfaltung der Kreativität dienen (Leuner 1994 a,b). Die Wirksamkeit einer Psychotherapie hängt davon ab, ob neue Erlebnis– und Verhaltensmöglichkeiten erlebbar werden (Stern et al 2001). Alltagstrancen (Tagträume) können neue Beziehungsmuster entstehen lassen, Resourcen aktivieren und Konfliktbearbeitungen ermöglichen (Leuner 1994b). Den NLP-Vertretern wird vielfach vorgeworfen, dass es keine ausreichenden Wirksamkeitsstudien gibt (Lukesch 2000)). Allerdings sind diese auch bei den vergleichbaren imaginativen Verfahren in der anerkannten Psychotherapie sehr selten (von Wietersheim 2003, Stigler 1995,1996,1998,2001).

Alle bisher betrachteten natürlichen, nicht bewusst eingeleiteten Traum– und Alltagstrance-Prozesse beim Menschen unterliegen einem natürlichen Rhythmus (Fachgebiet der Chronobiologie ).

Der Rhythmus der Traum-Prozesse beim Menschen wurde 1953 von Aserinsky und Kleitman entdeckt (Aserinsky, Kleitman 1953). Sie fanden, dass während des Schlafes ca. alle 90 Minuten eine REM-Schlaf-Phase (rapid eye movement) einsetzt, in der das nächtliche Träumen vermutet wurde. Im Jahre 1963 stellte Kleitman die Annahme auf, das sich dieser 90-Minuten Zyklus auch am Tag als Alltagstrancezyklus wiederholt (Kleitman (1963)). Er bezeichnete den Alltagstrance-Zyklus als basic-rest activity-cycle (BRAC). Dieser Rhythmus der natürlichen Alltagstrance wurde im Jahre 1978 experimentell bestätigt (Kripke, Sonnenschein (1978)). Den zyklischen Alltagstrancen konnten zunächst eine verstärkte orale und sexuelle Organaktivität zur Triebsättigungsbefriedigung zugeordnet werden (Friedman, Fisher (1967); Chase (1979)). Der Grund für den 90-Minuten-Rhythmus ist noch nicht eindeutig geklärt. Neben der wechselnden hemisphärischen Hirndominanz (Chase (1979)) wurden auch geophysikalische und planetarische Zusammenhänge vermutet (Shapiro (1970)).


Literatur

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Dornes, M (1998) Bindungstheorie und Psychoanalyse. Psyche 52 299 348

Dornes, M (1999) Die frühe Kindheit Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre, 3 Aufl. Fischer, Frankfurt a M

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von Wietersheim, J , Wilke, E , Roser, M , Meder, G (2003) Ergebnisse der Katathym-imagmativen Psychotherapie. Psychotherapeut 48 173-178


Weblinks

http://www.nlp.at/lexikon_neu/index.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Trance_(Zustand)

http://www.bpv.ch/trance.html

http://www.vnr.de/vnr/besserleben/leichterleben/praxistipp_13894.html

http://de.wikibooks.org/wiki/Bewusstseinserweiterung:_Klartraum_Theorie

http://www.sgipt.org/gipt/allpsy/straum/tl_esk1.htm

http://www.sgipt.org/th_schul/pa/glossar/traum0.htm

http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/1999/263/