Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von NLPedia. Durch die Nutzung von NLPedia erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern.

Bandura, Albert

Leben und Leistung

Albert Bandura wurde am 04. Dezember 1925 als jüngstes Kind und einziger Sohn einer 8-köpfigen Familie in Mundare, Kanada geboren. Seine Eltern waren beide Einwanderer aus Osteuropa. Sein Vater arbeitete als Gleisarbeiter bei der Transkanadischen Eisenbahngesellschaft, seine Mutter war Verkäuferin. Obwohl seine Eltern keine Schulbildung genossen hatten, legten sie doch großen Wert auf eine gute Ausbildung. Bandura besuchte eine Grundschule in seinem Heimatort Mundare, die trotz geringer Lehrerzahl und sehr begrenzten Lernmaterialien gute Ergebnisse in der Ausbildung ihrer Schülerinnen und Schüler erzielte.

So konnte sich auch Bandura nach erfolgreicher Absolvierung der High School, 1946 an der University of British Columbia in Vancouver immatrikulieren. Zum Fach Psychologie kam er eher zufällig, da er seine freie Zeit mit Psychologiekursen füllte, die sein Interesse weckten. Innerhalb von 3 Jahren schloss er das Psychologiestudium mit einem Bachelor ab. Bandura wechselte an die Universität von Iowa, wo er 1951 die Prüfung zum Master der Psychologie ablegte.

Im Jahr 1952 promovierte er und absolvierte anschließend ein Postdoc-Praktikum am Wichita Guidance Center in Kansas. Hier lernte er Virginia Varns kennen, die er noch 1952 heiratete. Sie bekamen zwei Töchter, 1954 und 1958. 1953 ging Bandura an die Stanford Universität, wo er bis heute in Forschung und Lehre tätig ist.

Seine Werke beschäftigen sich hauptsächlich mit der Theorie des sozialkognitiven Lernens (Modellernen), der Theorie der Selbstregulierung (Aggressionsforschung) und der Selbstwirksamkeitserwartung. Bandura war u.a. Präsident der American Psychological Association (APA). Albert Bandura erhielt zahlreiche Auszeichnungen u.a. von der Internationalen Gesellschaft für Aggressionsforschung, 2004 „Outstanding Lifetime Contribution to Psychologie“ der APA, 2008 den Grawemeyer Award in Psychologie.

Er ist Inhaber von zwölf Ehrendoktortiteln, u.a. von der Freien Universität Berlin.

Bedeutung für das NLP

Die Theorien von Albert Bandura und insbesondere die zu Lernprozessen liegen vielen Methoden des NLP zugrunde. Im Lernkontext ist speziell das Konzept zum Modelllernen hervorzuheben, das im NLP unter Modelling fällt. Dabei handelt es sich um einen „Prozess des Ab- oder Nachbildens menschlicher Höchstleistungen“ [1]. Ziel des Modellings ist es, die Muster (z.B. Verhaltensweisen) von erfolgreichen Menschen durchschaubar beziehungsweise nachvollziehbar zu machen, so dass die Muster übernommen werden und ebenfalls zum Erfolg führen können. Zentral ist dabei die Frage nach dem wie manche Menschen Erfolg haben und nicht nach dem warum.

Der Prozess des Modellings folgt einem Dreischritt[1]:

Modellieren des Musters (z.B. Verhalten, Glaubenssatz)

Im ersten Schritt soll der/die Coachee aus der „Du- Position“ heraus das gewünschte Muster des „Vorbilds“ beschreiben und übernehmen. Hier kann ein „Als Ob Rahmen“ genutzt werden, um bestmöglich zu denken und zu handeln wie die zu modellierende Person. Auch die „Logische Ebenen“ können einbezogen werden, indem beispielsweise gefragt wird, in welchem Kontext das zu modellierende Muster gezeigt wird oder welche Werte durch das Muster zum Ausdruck gebracht werden.

Substraktionsprozess

Anschließend erfolgt im zweiten Schritt die Identifikation von relevanten und irrelevanten Teilaspekten des Musters. Dafür werden systematisch einzelne Aspekte des Modellverhaltens ausgelassen und geprüft, welche relevant sind. Dann wird das Muster durch die/den Coachee explizit formuliert.

Entwurf

Am Ende wird ein Verfahren entworfen, wie das Muster anderen Menschen beigebracht werden kann. Damit erfolgt eine Verallgemeinerung, so dass theoretisch jede Person in der Lage sein müsste, das erfolgreiche Muster anzuwenden.

Modelllernen

Das Modelllernen (oder auch sozial-kognitives Lernen) basiert auf der Erkenntnis, dass Menschen und Tiere durch Imitation lernen können, indem sie Handlungen anderer beobachten [2] . Auf der Basis von Modelllernen (modelling) werden zum Beispiel Wissen, Verhaltensmuster oder kognitive Fertigkeiten erworben, die zuvor nicht Bestandteil des eigenen Repertoires waren [3]. Durch die Beobachtung und anschließende Imitation eines Modells kann das eigene Verhalten beispielsweise dem erfolgreicher Personen angepasst werden ohne eigene Fehler zu machen oder ohne ein langwieriges Ausprobieren. Somit kann Lernen stattfinden, wenn nicht selbst „aktiv“ gehandelt, sondern eher „passiv“ beobachtet wird. Diesen wirksamen Lernmechanismus hat Bandura bereits seit den 60er-Jahren in vielen Studien empirisch untersucht.

Es gibt verschiedene Typen des Modelllernens wie zum Beispiel Beobachtungslernen, Hemmung (negative (soziale) Konsequenzen werden erwartet) oder Enthemmung (negative (soziale) Konsequenzen entfallen), die häufig im Zusammenhang mit dem Erlernen aggressiven Verhaltens untersucht werden [3]. Ob Modelllernen tatsächlich stattfindet und somit das Verhalten oder ähnliches einer anderen Person imitiert wird, hängt laut Bandura von vier Faktoren ab [2]:

Aufmerksamkeit

Dem zu modellierenden Verhalten muss genügend Aufmerksamkeit geschenkt werden, das heißt, das Verhalten muss als neu, auffällig, attraktiv oder ähnliches wahrgenommen werden.

Gedächtnis

Das zu modellierende Verhalten muss erinnert werden können. Dies bezieht sich auf eher generelle, abstrakte Muster. Eine detailgetreuere Abbildung des Verhaltens ist meist nicht möglich bzw. erforderlich.

Motorische Reproduktionsfähigkeit

Soll beispielsweise ein Verhalten modelliert werden, so muss man die erforderliche Motorik mitbringen, wie zum Beispiel Kraft oder Körpergröße.

Motivation

Das zu modellierende Verhalten sollte einen Nutzen für die Person aufweisen, so dass diese motiviert ist, zu imitieren beispielsweise durch die Erwartung, dass das Verhalten belohnt wird.

Darüber hinaus hängt Modelllernen nach Bandura auch mit der wahrgenommenen Selbstwirksamkeit zusammen, also der subjektiven Überzeugung einer Person, ob sie ein bestimmtes Verhalten erfolgreich ausführen kann [3].

Selbstwirksamkeitserwartung

In der Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) geht's um die persönliche Einschätzung der eigenen Kompetenzen im täglichen Leben und wie man damit zurechtkommt. Aus der Überzeugung der eigenen Fähigkeiten resultiert das Fühlen, Denken, Motivieren und Handeln in bestimmten Situationen. Es beeinflusst daher die Wahrnehmung und Leistung auf unterschiedlichster Art und Weise [4, 5].

Die individuelle Selbstwirksamkeitserwartung stellt im Alltag eine wichtige Ressource dar. Bei schwierigen Situationen wägen Menschen ihre Anforderung mit ihren eigenen Kompetenzen ab. Erst nach diesem Prozess entscheidet sich, welche Handlung ausgeführt wird. Um die Überzeugung zu haben bei neuen bzw. schwierigen Aufgaben erfolgreich zu sein, muss man diese erst mit der Handlungsergebnis-Erwartung (die Wahrnehmung einer Handlung und ihre Konsequenzen) abgrenzen[3, 5]. Beide Erwartungen lassen sich gut in Wenn-Dann Sätze unterscheiden. Handlungsergebnis-Erwartung: „Wenn ich zu meinen Schwiegereltern fahre, wird sich unsere Beziehung verbessern“. Selbstwirksamkeitserwartung: „Ich bin mir sicher, wenn ich zu meinen Schwiegereltern fahre, werden wir uns prächtig verstehen'“.

Das Erkennen der eigenen Fähigkeiten beeinflusst das Handeln, wobei sie mehr oder weniger mit der Wirklichkeit übereinstimmen können. Bandura definiert, dass die wahrgenommene Selbstwirksamkeit auf die Fähigkeit überzeugt, die man gerade braucht um ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder eine Handlung durchzuführen [4].

Bandura nennt vier Quellen der Selbstwirksamkeitserwartung:

  • Physiologische Zustände:

Beurteilungen von Situation hängen auch immer vom körperlichen Empfinden ab. Je nach positiver oder negativer Beurteilung der Begleiterscheinung z.B. Herzklopfen kann es Selbstwirksamkeit auslösen oder darauf hinweisen dass eine schwierige Anforderungssituation ansteht.

  • Soziale Überzeugung:

Durch Zuspruch von anderen bekommt man mehr Vertrauen in seine Fähigkeiten, diese müssen aber irgendwann mit der Realität übereinstimmen, damit Selbstwirksamkeit entstehen kann, um Erfolg zu haben.

  • Modelllernen:

Durch Beobachten von Personen, die auch durch Anstrengungen schwierige Aufgaben bewältigen, kann auch Selbstwirksamkeit entstehen. Nur wenn man der Zielperson ähnliche Kompetenzen zuschreibt wie sich selbst, löst es das Gefühl aus, das Gleiche erreichen zu können.

  • Eigene Erfahrung:

Den wichtigsten Einfluss auf die Weiterentwicklung der Selbstwirksamkeit hat die eigene Erfahrung. Das Erlebnis, ein Ziel durch eigene Anstrengungen erreicht zu haben, bewirkt dass man sich für zukünftige Aufgaben gewappnet fühlt, diese auch bewältigen zu können.

Die Selbstwirksamkeit genießt heute in der Menschheit einen hohen Stellenwert, da man selbst auf sich Einfluss nehmen kann, wie man bestimmte Situationen für sich selber am besten bewältigt und etwas in Bewegung bringt. Es heißt ja nicht umsonst „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“.

Lernen und Aggressionen

In sozialen Lerntheorien nimmt Beobachtungslernen einen wichtigen Stellenwert ein. In dem nachfolgenden Beispiel wird die sozial-kognitive Lerntheorie von Albert Bandura dargestellt.

Das Experiment von Bandura, welches die These bestätigt, dass aggressives Verhalten erlernt wird, indem die Verhaltensweisen von einem Vorbild (z.B. den Eltern) übernommen werden, wird „Rocky-Experiment“ genannt [6].

Es wurden vier- bis fünfjährige Kindern in drei Gruppen eingeteilt, die einen Film gezeigt bekamen, in dem sich ein Erwachsener namens „Rocky“ aggressiv einer Puppe gegenüber verhielt. Die Gruppe 1 machte die Beobachtung eines aggressiven Erwachsenen, bei dem das Verhalten belohnt wurde. Die Gruppe 2 beobachtete den gleichen aggressiven Erwachsenen, bei dem das Verhalten bestraft wurde. Und bei Gruppe 3 hatte das Verhalten im Film keine Konsequenzen.

Die Kinder wurden anschließend in einen Raum gebracht, in dem sich die gleichen Gegenstände wie im Film befanden, so auch die Puppe. Die Kinder der Gruppe 2 ahmten das aggressive Verhalten gegenüber der Puppe signifikant seltener nach als die Kinder der Gruppe 1 und 3. Die Nachahmungsaggression verstärkte sich durch in Aussicht stellen einer Belohnung bei Erinnerung und Nachahmung des gezeigten Verhaltens in allen drei Gruppen. Weitere Beobachtungen waren, dass die Bereitschaft zur Aggressivität bei den Jungen höher war, als bei den Mädchen [6].

Video zu dem Experiment:

Im Ergebnis ist dem Experiment zu entnehmen, dass Kinder aller Gruppen Rockys Verhalten gelernt hatten, dieses aber je nach Konsequenz unterschiedlich imitierten. Nur bedingt ist Banduras sozial-kognitive Lerntheorie auf das Lernen von Erwachsenen übertragbar. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die kognitiven Prozesse, die Beobachtungslernen zugrunde liegen, viel komplexer sind und dass beobachtetes Verhalten nicht einfach reproduziert wird. Die sozial-kognitive Lerntheorie bildet jedoch eine wichtige Grundlage, um erklären zu können, wie Beobachtungslernen stattfindet.

Werke und Schriften (Auswahl an Monografien)

  • Bandura, A., Ross, D. & Ross, S.A. (1961). Transmission of aggression through imitation of aggressive models. Journal of Abnormal and Social Psychology, 63, 575-82.
  • Bandura, A. (1969). Principles of behavior modification. New York: Holt, Rinehart & Winston.
  • Bandura, A. (Hrsg.). (1971). Psychological modeling: Conflicting theories. New York: Aldine-Atherton.
  • Bandura, A. (1971). Social learning theory. New York: General Learning Press.
  • Bandura, A. (1973). Aggression: A social learning analysis. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.
  • Bandura, A. (1977). Social learning theory. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.
  • Bandura, A. (1986). Social foundations of thought and action: A social cognitive theory. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.
  • Bandura, A. (Hrsg.). (1995). Self-efficacy in changing societies. New York: Cambridge University Press.
  • Bandura, A. (1997). Self-efficacy: The exercise of control. New York: Freeman.

Ein ausführliches Publikationsverzeichnis befindet sich unter: Link

Quellen

Pajares, F. (2004). Albert Bandura. Biographical Sketch. Online verfügbar unter: Link [11.10.2015].

[1] O’Connor, J. & Seymour, J. (2013). Neurolinguistisches Programmieren: Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung (21. Ausgabe). Kirchzarten bei Freiburg: VAK-Verlag.

[2] Kiesel, A. & Koch, I. (Hrsg.). (2012). Lernen: Grundlagen der Lernpsychologie. Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften.

[3] Jonas, K. & Brömer, P. (2010). Die sozial-kognitive Theorie von Bandura. In D. Frey & M. Irle (Hrsg.), Gruppen-, Interaktions- und Lerntheorien (2., vollst. überarb. und erw. Aufl., S. 277–299). Bern: Huber.

[4] Bandura, A. & Jourden, F. J. (1991). Self-regulatory mechanisms governing the impact of social comparison on complex decision making. Journal of Personality and Social Psychology, 60(6), 941–951.

[5] Bandura, A. (1993). Perceived self-efficacy in cognitive development and functioning. Educational Psychologist, 28(2), 117-148.

[6] Bandura, A. (1963). The role of imitation in personality development. The Journal of Nursery Education, 18(3).

Zuletzt geändert am 14. Oktober 2015 um 19:52