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Darwins Thinking Path

Darwins Thinking Path (nach Robert Dilts)

Im Folgenden geht es um die Verbindung zwischen Körper und Geist. NLP erkennt an, dass Bewegungen Hinweise auf geistige Prozesse geben können, wie auch als Unterstützung von Denkprozessen eingesetzt werden können. Es gibt auch andere Methoden, die die Verbindung zwischen Bewegung und geistigen Prozessen nutzen. Diese sind Feldenkrais, Alexander Methode, Yoga, Aikido und Tanz. Diese Methoden betonen die „systemische Natur“ unseres Körpers.


Charles Darwin (1809 – 1882) lebte nach der Rückkehr von seinen Reisen in Down House. Dort erschaffte er sich einen Sandweg, auf dem er jeden Tag entlang wanderte. Er nannte diesen Weg seinen „Thinking path“ (Gedankenweg). Oft stapelte er ein paar Steine am Anfang des Weges, von denen er jeweils einen am Ende einer Runde mit seinem Wanderstock wegbewegte. Analog zu Sherlock Holmes, der bei schwierigen Themen von einem „3 pipe problem“ sprach, konnte Darwin von einem 3-Stein-Problem („3 flint problem „) sprechen. Das bedeutet, dass das Durchdenken schwieriger Themen eine bestimmte Zeit in Anspruch nimmt. Es scheint also eine entscheidende Verbindung zwischen Darwins Weg („Thinking path“) und seinen Gedankenprozessen gegeben zu haben.


Im nächsten Schritt setzt Dilts sich mit der Verbindung von Bewegung und Geist auseinander. In NLP wird die Verbindung zwischen Verhalten und Gedanken einbezogen, z. B. bei „BAGEL“ oder „Accessing Cues“. Bewegungen großer Muskelgruppen scheint die Gesamteinstellung („state of mind“) von Menschen zu beeinflussen. Es gibt verschiedene Beispiele, die das bestätigen. Neben dem fiktiven Sherlock Holmes, der neben seinem „3-pipe-problem“ bei besonders schwierigen Fällen Geige spielte, nennt Dilts Einstein, Leonardo da Vinci, Mozart und Kant. Kant ging spazieren. Da Vinci und Einstein spielten jeweils ein Musikinstrument. Und Mozart sagte, seine besten Ideen für Musik kämen während des Spazieren Gehens oder beim Reisen in einer Kutsche. Dilts hatte selbst jahrelang seinen eigenen „Dreaming Path“ (Traumpfad), wo er jeden Morgen joggen ging und während des Joggens viele Ideen entwickelte, die er später in seinen Seminaren, Softwareprogrammen, Büchern und Artikeln umsetzte. Ähnliches bestätigt er von regelmäßigem Schwimmen und Gewichtstraining. Seiner Ansicht nach, hilft körperliche Aktivität dabei, Zugang zu verschiedenen geistigen Prozessen zu bekommen und zu integrieren. Dabei scheinen verschiedene Arten von Bewegungen verschiedene Effekte auf die geistige Aktivität zu haben. Dazu bringt er auch ein weiteres Beispiel vom Gründer eines großen skandinavischen Transportunternehmens, der für unterschiedliche Themen unterschiedliche Bewegungsarten auswählte. Bei einigen Themen ging er Golf spielen, bei anderen Radfahren.


Anscheinend können Teile körperlicher Aktivität Teile von neurologischer Aktivität stimulieren und organisieren. Dilts meint, dass einige sogar behaupten würden, dass Intelligenz und Weisheit von der Qualität der Bewegung abhängt. Dazu zitiert er ein Sprichwort auch Neu Guinea: „ Wissen ist nur ein Gerücht, bis es im Muskel ist.“


Als nächstes begann er zusammen mit Judith Delozier das Verhältnis zwischen Bewegung und Geist zu erforschen – somatische Syntax. Das Wort somatisch kommt aus dem griechischen Wort „soma“. Übersetzt heißt es Körper. Auch das Wort Syntax kommt aus dem Griechischen und bedeutet „in eine Ordnung bringen“. Somatische Syntax hat also mit der Organisation des Körpers zu tun, der Organisation von Bewegung und der Formation von „kognitiv-somatischen“ Strategien. Somatische Syntax kommt aus der Theorie von Noam Chomsky – „Theories of transformational grammar“. Danach werden sensorische und emotionale Erfahrungen über unterschiedliche sprachliche Beschreibungen ausgedrückt. Sprachmuster können also ausdrücken, was in unserem Inneren (Tiefenstrukturen) passiert, also was innerhalb eines Menschen abläuft oder abgelaufen ist. Bevor diese inneren Prozesse an die Oberfläche kommen und sprachliche Muster entstehen, laufen eine Reihe von Transformationen ab, die als eine Art Filter unserer Tiefenstrukturen agieren. 1975 stellten Grinder und Bandler fest, dass während des Prozesses der Entwicklung von Tiefenstrukturen zu Oberflächenstruktur (z. B. Sprachmuster) Informationen gelöscht, generalisiert und aussortiert werden. Allerdings werden viele wichtige Hinweise zur Tiefenstruktur in der sprachlichen Oberflächenstruktur wiedergespiegelt und ausgedrückt. Somatische Syntax nutzt verbale Sprache ( digital) bis hin zur kinästhetischen Ausdrucksweise (analog). Beispiel ist das Schreiben lernen mit der rechten oder linken Hand. Sobald es einmal erlernt wurde, kann es auch auf andere Körperteile übertragen werden. Man könnte z.B. mit dem großen Zeh im Sand schreiben oder einen Stift in den Mund nehmen und damit schreiben. Beides funktioniert, obwohl die genannten Körperteile eine ganz andere physikalische Struktur haben. Die Tiefenstruktur von Buchstaben ist nicht an einen bestimmten Körperteil gebunden. Es kann generalisiert werden. Damit werden verschiedene Oberflächenstrukturen nutzbar. Eines der Ziele hinter somatischer Syntax ist es, eine Art Anziehungspunkt für einen bestimmten internen Status oder eine Ressource zu vertiefen und zu erweitern. Somatische Syntax nutzt Körperbewegungen als Möglichkeit, Tiefenstrukturen zu stärken, zu integrieren und zu generalisieren. Durch die Entwicklung unterschiedlicher Varianten in physikalischer Form und die Organisation von Bewegung, verbunden mit einem bestimmten internen Status, können wir uns besser auszudrücken lernen, oder den internen Status in mehreren Situationen zu manifestieren und damit flexibler zu werden. So hilft somatische Syntax unser Verständnis zu vertiefen und die Fähigkeit, Wissen zu nutzen, indem wir „es mehr in den Muskel bringen“.


Da körperliche Bewegung eine analoge Ausdrucksweise darstellt, ist sie eher systemisch und nicht linear. Als Konsequenz bringt uns die Entdeckung somatischer Syntax näher an die Erfahrung unserer Tiefenstrukturen. Deshalb wäre eine andere Anwendung von Somatischer Syntax, das Zurückholen und der Ausdruck von Teilen der Tiefenstruktur, die gelöscht werden würde oder von anderen Ausdrucksformen abgelöst werden würde. Eine berühmte Tänzerin namens Wadora Duncan sagte mal: „ Wenn ich es sagen könnte, würde ich es nicht tanzen müssen“.


Durch somatische Syntax wissen wir also, dass der Körper nicht nur eine Art mechanische Hülle ist, die Signale ans Gehirn sendet oder Signale empfängt, sondern selbst ein Repräsentationssystem ist. Der Körper verarbeitet und repräsentiert Informationen. Die typische NLP Sichtweise war bisher, dass alle Informationen über die Welt um uns herum von unseren Sinnen wahrgenommen werden, ans Gehirn gesendet und zentral abgelegt bzw. verarbeitet werden. Inzwischen hat man durch Forschung herausgefunden, dass im Körper komplizierte Informationen in Netzwerken, über den Körper verteilt, verarbeitet werden, die auf komplexe Art miteinander kommunizieren. Die Komplexität ist vergleichbar mit der in unserer Großhirnrinde. Das wurde herausgefunden am Beispiel des gastroenterologischen Nervensystems, das um den Magen herum existiert. Gemäß somatischer Syntax können wir den Körper nutzen, um die Hauptbeziehungen der Welt um uns herum zu repräsentieren und in unserer eigenen Geschichte zwischen den verschiedenen Körperteilen. Zum Beispiel könnte man die Sichtweise der Beziehung zwischen Eltern durch die Beziehung zwischen der rechten und linken Hand untereinander repräsentieren. Die eine Hand stände für die Mutter, die andere für den Vater.


Wenn man nun die Signifikanz von Darwins „Thinking Path“ verstehen möchte, ist es wichtig zu wissen, dass neben der Fähigkeit Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und abzugeben, alle Repräsentationssysteme die Fähigkeit haben, Informationen auf zwei Arten zu repräsentieren – wörtlich und bildlich. Mit anderen Worten kann jedes unserer Wahrnehmungssysteme Landkarten erstellen, die entweder direkt oder eher metaphorisch kommunizieren. Dilts beschreibt zwei Beispiele, die den Unterschied zwischen den zwei Arten der Repräsentation. Das eine ist Visualisierung von weißen Blutkörperchen. Wir könnten sie visualisieren, wie wir sie unter dem Mikroskop gesehen haben, oder alternativ wie Figuren aus einem „Pac man Videospiel“. Ein zweites Beispiel ist das Gehirn. Man kann es als Neuronennetzwerk bezeichnen oder als etwas beschreiben, das ähnlich zu einem Computer funktioniert. Ein drittes Beispiel bezieht sich auf Gefühle. Hier kann man von kinästhetischen Körperempfindungen sprechen oder alternativ von einem „Knoten im Bauch“. Wenn es um Repräsentation mit dem Körper geht, ist die Doppelfunktion analog möglich. Entweder kann ein Mensch Bewegungen ausführen, die eine direkte Antwort in einer speziellen Situation sind, oder diese Person kann sich metaphorisch ausdrücken. Sorge oder Angst kann entweder mit den direkten Körperreaktionen, die damit einhergehen repräsentiert werden (z.B. Muskelanspannung in den Schultern oder im Gesicht) oder im übertragenen Sinn durch Bedecken von Augen und Kopf, als wolle man sich verstecken. Oft wirken metaphorische Repräsentationen bedeutungsvoller und haben einen stärkeren Effekt, da sie mehrere Informationsebenen gleichzeitig ansprechen. Aus dieser Sichtweise kann Darwins Wanderung entlang seines „Thinking Path's“ zusätzlich zum Erreichen und Erhalten eines besonderen mentalen Status als physische Metapher gesehen werden. Das Wandern entlang des Pfades ist ein verhältnismäßig langsamer und schrittweiser Prozess. Ein Pfad hat einen Beginn und ein Ende, Wegmarkierungen und eine angegebene Richtung, die irgendwo hinführt. Schaut man sich das Ganze aus dem Blickwinkel von somatischer Syntax an, dann überrascht es nicht, dass Darwins Evolutionstheorie Evolution als Ergebnis von langsamen, sehr kleinen Veränderungen definiert. Damit ist Darwins Evolutionstheorie analog zu seinen Wanderungen entlang seines „Thinking Path's“. Darwin entwickelte seine Gedanken entsprechend seinen Wanderungen auf eine langsame und methodische Art, während er nach dem Abschluss je einer Runde je einen Stein wegbewegte. Genauso erklärte er den Mechanismus der Evolution. Darwins Denkmethoden sind nach seiner eigenen Beschreibung Theorien, die aus einer Art natürlicher Selektion von Ideen entstanden sind. Darwin hat seine Theorien, genau wie auch Einstein, nicht als Ergebnis eines induktiven Prozesses gewonnen, bei dem Fakten gesammelt werden und in der Summe der Fakten nach Mustern gesucht werden. Statt dessen hat er seine Ideen in seiner Vorstellung entwickelt und dann geprüft, wie valide sie in Bezug auf den Anteil der zu beobachtenden Fakten sind. Gavin de Beer hat eine Biographie von Darwin erstellt, in der er genau diese Vorgehensweise beschreibt. Danach stellte Darwin Hypothesen zu allem, was seine Aufmerksamkeit erregte, auf. Im nächsten Schritt schaute er sich die Konsequenzen an, die aus dieser Hypothese erwachsen würden und prüfte, ob die Hypothese damit valide war oder nicht. Was nicht valide war, wurde verworfen. Zu dieser Vorgehensweise passt auch Darwins Ansicht, dass nur die stärksten überlebten („survival of the fittest“), die ein Teil seiner Evolutionstheorie ist. Auch hier ist die Verbindung sichtbar. Dilts sieht es als Reflektion von Darwins Denkprozessen. Deshalb sieht Dilts die Aktivität unseres geistigen Systems als Quelle von Ideen. Er nimmt auch Bezug auf Francis Bacon – einem britischen Philosophen und Wissenschaftler aus dem 17. Jahrhundert. Bacon meinte, unser Geist tendiere dazu, die eigene Struktur in die Welt um uns herum zu projezieren, anstatt objektive Informationen über die Welt um uns herum aufzunehmen. Damit sagte er, dass die Art, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen, mehr über uns aussagt, als über die objektive Realität. Bacon sprach unter anderem von „Idols of the tribe“ Das bedeutet im übertragenen Sinne, dass Menschen die Tendenz haben, eine bestimmte Art von inkorrekten Schlussfolgerungen aus Beobachtungen zu ziehen.


Somatische Syntax untersucht also, wie Bewegung genutzt werden kann, um Wissen in den Muskel zu bringen und um zu helfen, Wissen aus den Muskeln zu gewinnen („wisdom of the body“). Wiederholte Bewegungsstrukturen, können nach somatischer Syntax den Rahmen für einen speziellen Denkprozess schaffen und damit dessen Schlussfolgerungen beeinflussen. Darwins Sicht auf die Evolution folgt den langsamen aber zielstrebigen Wanderungen entlang eines Pfades. Im Gegensatz dazu hat Einsteins Sicht auf das Universum eher Eigenschaften des Geigespielens (Einsteins bevorzugte Aktivität, während er nachdachte). Jede Seite wird relativ zu den anderen Seiten des Instruments gesehen, damit Musik erschaffen wird. Die Beziehungen zueinander entscheiden über den Erfolg des Stückes. Ähnlichkeiten kann man in Leonardo da Vincis Notizbuch erkennen, die den Eindruck erwecken, dass seine Zeichnungen eher an das Spielen eines Musikinstrumentes erinnern, als an methodische wiederholte Abläufe entlang eines Weges.


Körper und Nervensystem sind als das fundamentale Werkzeug, das uns zur Verfügung steht, um unser Leben und unsere Zukunft zu gestalten. Die Manifestierung unserer Gedanken und Wünsche wird letztendlich durch unseren Körper oder unsere Physiologie irgendwie sichtbar. Unsere geistige Aktivität zeigt sich durch unsere Worte, Stimmlage, Gesichtsausdruck, Körperhaltung, Handbewegungen u.s.w. Die Art, wie diese fundamentalen Instrumente genutzt werden, wird stark beeinflusst durch die Art von physischer Aktivität und angenommene Regeln.


Quellen:

Hauptquelle:

Darwin's Thinking Path von Robert Dilts, veröffentlicht als „article of the month“ 1996, NLP Encyclopedia

Quellen, die Dilts nutzte:

Keeping Up Down House von R. Milner, Natural History, August 1996, Seiten 54 bis 57 Syntactic Structures von N. Chromsky, Mouton, Den Haag, Niederlande 19957 Aspects of the Theory of Syntax, vonN. Chromsky, The M.I.T. Press, Cambridge, Massachusetts, 1965 The Strcture of Magic Vol. I von J. Grinder und R. Bandler, Science and Behavior Books, Palo Alto, Kalifornien, 1975 Charles Darwin von G. De Beer, Encyclopedia Britannica, Volume 5, 1979, Seiten 494 bis 496 Strategies of Genius Vols., I, II & III, von R. Dilts, Meta Publications, Capitola, Ca., 1994 - 1995

Zuletzt geändert am 1. April 2014 um 20:34