Fritz Perls: Unterschied zwischen den Versionen

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Walker, Wolfgang: Abenteuer Kommunikation, Klett-Cotta, Stuttgart 1996, S. 118 - 149
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Walker, Wolfgang: Abenteuer Kommunikation, Klett-Cotta, Stuttgart, S. 118 - 149, 1996
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Blankertz, Stefan und Doubrawa,Erhard: Lexikon der Gestalttherapie, Gestalt-Institut Köln, GIK Bildungswerkstatt, 2005

Version vom 10. August 2015, 14:24 Uhr

Fritz Perls


Leben

Friedrich Salomon (Fritz) Perle (8. Juli 1893 - 14. Mai 1970)

Friedrich (Fritz)Salomon Perls war Psychiater und Psychotherapeut. Er wurde am 8.7.1893 in Berlin als dritter Sohn deutsch-jüdischer Eltern geboren und starb am 14.5.1970 in Chicago. Bekannt wurde er als Begründer der Gestalttherapie, zusammen mit seiner Frau Lore Perls und dem amerikanischen Sozialphilosophen und Schriftsteller Paul Goodman. John Grinder und Richard Bandler modelten ihn und seine Methoden, wodurch er neben Milton H. Erickson und Virginia Satir zu einer der Hauptinspirationsquellen für das NLP wurde.

Leben Schule und Ausbildung Fritz Perls war ein begabtes Kind, das allerdings Schwierigkeiten hatte, sich dem autoritären System des Gymnasiums unterzuordnen. Seine Leidenschaft in jungen Jahren gehörte der Bühne. Am Deutschen Theater, damals unter der Leitung von Max Reinhardt, trat er noch während seiner Schulzeit als Komparse auf. Hier wurde besonderer Wert auf Kongruenz des verbalen und non-verbalem Ausdrucks bei den Schauspielern gelegt, ein Aspekt, der Perls in seiner späteren Arbeit sicherlich beeinflusst hat. Weil er sich weigerte, dem Wunsch seiner Mutter folgend, in die Fußstapfen seines Onkels, eines berühmten Anwalts, zu treten, studierte er ab 1914 Medizin. Nach Kriegsbeginn diente er als Sanitätsoffizier an der Front und erlebte in den Schützengräben und Feldlazaretten die Schrecken des Krieges hautnah. Nach Ende des Krieges schloss er sein Studium ab und promovierte kurz darauf.


Leistung

Begründer der Gestalttherapie


Einflüsse und erste Ansätze zur Gestalttherapie

Fritz Perls ließ sich Beginn der 20er Jahre in Berlin als Psychiater und Neurologe nieder. Dort hatte er Kontakt zu Schauspielern, Malern und Schriftsteller, u.a. Vertretern von Bauhaus, Brücke und Dadaismus, die im Nachkriegsdeutschland für eine kulturelle Wiederauferstehung sorgten. Besonders beeindruckte ihn zu dieser Zeit die Idee Salomon Friedländers der „Schöpferischen Indifferenz“, die den Nullpunkt als Zentrum des Nichts, das sich in Gegensätze ausdehnt, anerkennt. Für weitere Inspiration sorgten 1925 Wilhelm Reich, ein Psychiater, der die Entwicklung der Körpertherapie beeinflusste, sowie die Lehranalyse, der er sich bei Karen Horney unterzog. 1926, in Frankfurt a. M. arbeitete Fritz Perls als Assistent bei Kurt Goldstein. Dessen Idee der unteilbaren Ganzheit von Körper, Geist und Seele, beeinflusste Perls in seinem Werk. In dieser Zeit kommen ihm auch Zweifel an der Psychoanalyse und den Maximen Sigmund Freuds. 1930 heiratete er Lore Posner, Tochter einer Pforzheimer Juweliersfamilie, die ebenfalls bei Goldstein studiert hatte. Auf der Flucht vor nationalsozialistischer Verfolgung ging er mit seiner Familie erst nach Amsterdam, später nach Südafrika, wo er das „South Africa Institute for Psychoanalysis“ gründete. Eine enttäuschende Begegnung mit Sigmund Freud, sowie die Ablehnung seines Vortrags über „Orale Widerstände“ auf einem psychoanalytischen Kongress in Marienbad / Tschechoslowakei, führten zur Abkehr Perls von der Psychoanalyse.


Die Entwicklung der Gestalttherapie

Gemeinsam mit seiner Frau verfasste er „Ego, Hunger und Aggression“, ein Buch, inakzeptabel für die gängige psychoanalytische Lehre, das bereits seinen grundlegenden, theoretischen Gedanken der Gestalttherapie Raum gab. 1942 trat Fritz Perls als Armeepsychiater in die südafrikanische Armee ein, um den Kampf gegen Hitlers Invasion in Afrika zu unterstützen. Nach seiner Entlassung im Jahr 1946 emigrierte er in die USA, wo er sich in New York niederließ. In den USA lernte Perls unter anderem Paul Goodman kennen, einen einflussreichen Intellektuellen, durch den er, wie damals in Berlin, Anschluss an die kulturelle Avantgarde fand. Erfüllt durch neue Kontakte und viele Impulse, entwickelte er mit seiner Frau Lore, die sich inzwischen Laura Perls nannte, und Paul Goodman die Gestalttherapie, in Abgrenzung zur Psychoanalyse. Dabei ging es ihm um die Bewusstmachung aller gegenwärtigen Emotionen und Verhaltensweisen sowie des Kontakts eines Menschen zu sich selbst und seiner Umwelt. Demnach betrachteten sie Neurosen nicht mehr als medizinische Krankheiten, sondern als gestörte Gestaltbildungsprozesse. Gemeinsam mit Paul Goodman und Ralpf F. Hefferline veröffentlichte Perls 1951 das Buch „Gestalt Therapy“. Im folgenden Jahr eröffnete er mit seiner Frau das Gestaltinstitut in New York und später auch in Cleveland.

Die existentielle Sackgasse

Nach Unstimmigkeiten mit seiner Ehefrau auf privater und beruflicher Ebene, verließ Fritz Perls 1956 seine Familie und zog nach Miami, wo er die 32-jährige Marty Fromm kennenlernte. Aus einer Klienten-Therapeuten-Beziehung entwickelte sich eine leidenschaftliche Liebesaffäre, die allerdings wegen Perls Eifersucht in die Brüche ging. Seine angeschlagene Gesundheit, er wurde immer wieder von Angina Pectoris-Anfällen heimgesucht, verschlechterte sich und er begann exzessiv LSD zu konsumieren. Er drohte am Ende dieser Beziehung zu zerbrechen und nur guten Freunden gelang es, die durch den Drogenkonsum verursachte Destabilisierung seiner Persönlichkeit aufzufangen. 1959 ging Perls nach Kalifornien. Dort traf er auf den Gestalttherapeuten James Simkin, der einer der Ausbildungskandidaten der frühen New Yorker Gestaltgruppe gewesen war und inzwischen eine gut laufende Praxis unterhielt. Gemeinsam mit Simkin leitete er eine Ausbildungsgruppe in Gestalttherapie, die sich durch vorwiegend experimentelle Verfahren zum fortlaufenden sich-bewusst-sein eigener körperlicher, sensorischer und geistiger Prozesse durchführte. Perls bemerkte, dass der Eintritt in dieses Bewusstseinskontinuum weder bei sich selbst noch bei seinen Klienten ausreichte, um den ganzheitlichen Wachstumsprozess voranzutreiben. Die Folge davon war, dass er, immer noch niedergeschlagen durch die zerbrochenen Beziehung zu Marty Fromm, an seiner Arbeit und der gesamten Psychotherapie zweifelte.

Sein Spätwerk

Um aus dieser Sackgasse zu entkommen, entschloss er sich 1960 zu einer Weltreise. In Kyoto verbrachte er zwei Monate in einem Zen-Kloster., was ihn in seinem weiteren Schaffen beeinflusste. Später reiste er auch nach Israel, wo er sich in Elat, im Süden des Landes in einem Kibbuz niederließ. Das Leben im Gemeinsamkeit empfand er als wohltuend und sein Zustand stabilisierte sich allmählich. Obwohl er kurzzeitig überlegt hatte, ganz dort zu bleiben, reizte ihn die Suche nach Neuem. So brach er nach insgesamt 15 Monaten wieder in die USA auf. 1964 ging er an das Esalen-Institute im kalifornischen Big Sur, einer Begegnungsstätte der Human Potential Bewegung. Hier fühlte er sich angekommen. Nicht zuletzt dank der Körperarbeit von Ida Rolf besserte sich auch sein gesundheitlicher Zustand. Er erarbeitet ein psychotherapeutisches Modell, das, basierend auf seinen eigenen Erfahrungen, das Muster des Ablaufs neurotischer Störungen aufzeigte. Zwischen 1965 und 1969 sah sich Perls am Höhepunkt seines Schaffens. Seine Workshops über Gestalttherapie waren die Attraktion in Esalen. Und zogen Menschen aus aller Welt an. Seine Sitzungen wurden mit Tonband und Video dokumentiert. Sein Werk gewann in den USA in dieser Zeit erheblich an Bekanntheit, unter anderem durch die Herausgabe seines Buches „Gestalt Therapy Verbatim“. Nun begann Perls auch wesentliche Konzepte seiner Arbeit mit Klienten zu konkretisieren. So war die Bedeutung des Nonverbalem in der Therapie eine seiner Grundideen. Zu Grunde liegt sein Verständnis, dass der Mensch, nicht wie ehemals von Descartes konstatiert, aus Körper und Geist besteht, sondern vielmehr einen einheitlichen Organismus bildet. Demnach unterscheiden sich die geistigen Aktivitäten eines Menschen von seinen körperlichen Aktivitäten nur durch einen geringeren Energieaufwand. Das heißt, beispielsweise Träumen, Imaginieren und Ausrichten der Aufmerksamkeit sind nur symbolische Tätigkeiten als Ersatz für das, was der Mensch körperlich tun könnte. So bleiben bei einem Mann, der kämpferische Gedanken hat, noch körperliche Symptome (erhöhter Blutdruck, Muskelspannung, etc.), wenn auch in geringerem Ausmaß, bestehen. Mit Hilfe der Gestalttherapie sollten die Menschen lernen das große Erwachen zu erleben und sich selbst bewusst zu werden, damit sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt richten konnten. 1969 gründete Perls mit einigen Studenten auf Vancouver Island in Kanada einen Gestalt-Kibbuz, in dem die Bewohner für drei Monate an ihrem persönlichen Wachstumsprozess arbeiten konnten, um sie zu befähigen ihre neu gefundene Bewusstheit kontinuierlich beizubehalten. Im Winter 1969 wurde Perls auf einer Europa-Reise krank. Er kehrte im Februar 1979 in die USA zurück, wo er mit einem Pankreas-Karzinom diagnostiziert wurde. Dies hielt ihn jedoch nicht von einer letzten Vortragreise ab. Da sich sein Zustand rapide verschlechterte, musste er sich in Chicago einer Operation unterziehen, an deren Folgen er am 14.3.1970 im Alter von knapp 77 Jahren verstarb. Er wurde, wie auch später seine Frau Laura Perls, auf dem jüdischen Friedhof in Pforzheim beigesetzt.


Bedeutung für das NLP

Erstes Modell des NLP, modelliert von Richard Bandler.

Richard Wayne Bandler wurde Ende der 60er Jahre Mitarbeiter seines Förderers, des Psychiaters und Präsident eines Verlagshauses, Robert S. Spitzer. Dieser wollte nach dem Ableben Fritz Perls dessen Manuskripte und Vorträge transkribieren lassen, um sie zu veröffentlichen. Da es Spitzer nicht gelang, die Unterstützung der ehemaligen Schüler Fritz Perls für dieses Vorhaben zu erlangen, bat er Richard Bandler um Hilfe. Mit Akribie und Besessenheit widmete sich Bandler seinem Auftrag, die Tonband- und Video-Aufzeichnungen zu transkribieren. Dies ging soweit, dass er begann, wie Fritz Perls zu sprechen, sich genauso zu verhalten, sogar wie er zu denken. Auch wenn Bandler Perls nicht persönlich kannte, war er von seiner Arbeit tief beeindruckt und in seinem weiteren Schaffen von ihm beeinflusst. Während seines Studiums an der Universität von Santa Cruz traf Bandler auf den 10 Jahre älteren John Grinder. Dieser sollte ihn als Supervisor dabei unterstützen, Gestaltseminare für seine Mitstudenten anzubieten. Bandlers Seminare begeisterten Grinder derart, dass er selbst an den Gruppensitzungen teilnahm. Bandler wollte noch einen Schritt weitergehen. Er wusste, dass er Gestalt-Seminare erfolgreich anbieten konnte, aber er wusste nicht, wie genau er den Erfolg erzielte. Sie trafen eine Vereinbarung: Richard sollte John beibringen, wie er Gestalttherapie machte, während John Richard bewusst machen sollte, was er genau tat, wenn er die Gruppen leitete. Richard Bandler hatte also die Denkweise und Therapiemethoden Perls bei seiner intensiven Beschäftigung in sich aufgenommen und John Grinder erkannte die Muster darin und erstellte ein Erfolgs-„Modell“. So wurde Perls Werk zum ersten Modell der beiden NLP-Entwickler.


Veröffentlichungen

1942: Ego, hunger and aggression. The beginning of Gestalt therapy. Deutsche Ausgabe: Das Ich, der Hunger und die Aggression. Die Anfänge der Gestalttherapie. Johannesburg 1948: Theory and Technique of Personality Integration, In: American Journal for Psychotherapy, Vol. 2, N°4, Oct. 1948, S. 565-586 1951: Gestalt therapy: Excitement and growth in the human personality. Gemeinsam mit Ralph F. Hefferline und Paul Goodman. Deutsche Ausgabe: Gestalt-Therapie. Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. 1969: Gestalt Therapy Verbatim. Real People Press, Lafayette Deutsche Ausgabe: Gestalt-Therapie in Aktion. 1969: In and out the garbage pail. Autobiografie. Real People Press, Lafayette Deutsche Ausgabe: Gestalt-Wahrnehmung. Verworfenes und Wiedergefundenes aus meiner Mülltonne. Die ungewöhnliche Autobiografie des Begründers der Gestalt-Therapie. 1973: The Gestalt Approach & Eye Witness to Therapy. Science and Behavior Books, Palo Alto Deutsche Ausgabe. Grundlagen der Gestalttherapie. Einführung und Sitzungsprotokolle. 1980: Gestalt, Wachstum, Integration. Aufsätze, Vorträge, Therapiesitzungen. Junfermann, Paderborn

Weblinks

Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Perls

Videos

Literatur

Walker, Wolfgang: Abenteuer Kommunikation, Klett-Cotta, Stuttgart, S. 118 - 149, 1996 Blankertz, Stefan und Doubrawa,Erhard: Lexikon der Gestalttherapie, Gestalt-Institut Köln, GIK Bildungswerkstatt, 2005