Transaktionsanalyse

Aus NLPedia
Version vom 13. Februar 2015, 17:19 Uhr von Uli172 (Diskussion | Beiträge) (Literatur)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Eric Berne (1910-1970) entwickelte die Transaktionsanalyse (TA) Mitte der fünfziger Jahre in den USA. Selbst Psychiater mit psychoanalytischer Ausbildung war er unzufrieden mit der Psychotherapie seiner Zeit. Dies animierte ihn zu einer Reihe von Innovationen:

  • Er fand ein Verfahren, mit dem Probleme schnell und pragmatisch gelöst wurden.
  • Berater und Klient bestimmen gemeinsam ein Ziel, für dessen Erreichen sie gemeinsam verantwortlich sind. Auf diese Weise gibt es eine (bisher nicht gekannte) Gleichberechtigung beider Seiten.
  • Die Methoden der TA liegen offen - es gibt keine Geheimsprache, kein Geheimwissen, alles muss auch für Laien verständlich sein.

Die Methoden und Konzepte der TA sind immer noch sehr populär in zahlreichen Coaching-Situationen: in Beratung, Seelsorge, Erziehung, Erwachsenenbildung und Organisationsentwicklung.


Geschichte

Wenn man eine wissenschaftliche Basis für die Transaktionsanalyse sucht, findet man sie in den Erkenntnissen der frühen Neurochirurgie aus den USA. Der Neurochirurg Wilder Penfield (1891 - 1976) machte in den 50er Jahren im Rahmen seiner Operationen Versuche an den Schläfenlappen seiner Patienten.
Er reizte mit schwachen elektrischen Impulsen deren Großhirnrinde, und sie, nur örtlich betäubt, machten Aussagen über so hervorgerufene Erinnerungen.
Interessant dabei sind vor allem zwei Dinge: Wiederholte er die Reizung, wiederholte sich auch die Erinnerung und zwar so, dass die Patienten sie förmlich noch einmal durchlebten. Die Patienten sahen sich wie in einem Film; der Einfluss der Sonde war zwingend, d.h., sie konnten die hervorgerufene Erinnerung weder verhindern noch sie beeinflussen.
Thomas A. Harris (1910 - 1995), amerikanischer Psychiater, ging davon aus, dass Situationen im Alltag die Funktion der elektrischen Reize übernehmen können. Erlebt ein Mensch etwas, was in er in seiner Vergangenheit ähnlich schon einmal erlebt hat, kommen alte Gefühle wieder hervor. Dieses Wiedererleben aber läuft unterbewusst ab, als Indiz dienen nur die dadurch hervorgerufenen Gefühle, die schwer einzuordnen sind, da ihnen konkrete Inhalte fehlen.


Schlüsselbegriffe der TA

Das Ich-Zustands-Modell

Wir alle tragen verschiedene Anteile in uns, aus denen heraus wir fühlen, denken, agieren. Diese unterschiedlichen Verhaltensmöglichkeiten und ihre jeweiligen Gefühle, Gedanken und Aktionen wurden von Eric Berne nach dem Kriterium, verhalten wir uns gerade kindhaft, erwachsen oder elternhaft, zugeordnet. Ein solches Verhaltenspaket mit seinen dazugehörigen Gedanken, Gefühlen und Aktionen nannte er Ich-Zustand. Anhand eines Modells (der drei unterschiedlichen Ich-Zustände) beschrieb er die Komplexität eines Menschen.


  • Der Eltern-Ich-Zustand
Gefühle, Gedanken und Verhalten, die von Eltern oder anderen Autoritäten imitiert werden, so glaubte Berne, würden sich später in der Handlungsweise eines Menschen als „elternhaft“ feststellen lassen. Oft sind damit Normen, Werte, Haltungen, aber auch komplexe Verhaltensweisen verbunden. Im Eltern-Ich-Zustand gibt es zwei Aspekte: das kritische Eltern-Ich und das fürsorgliche Eltern-Ich.


  • Der Erwachsenen-Ich-Zustand
Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen, als unmittelbare Spiegelung auf das, was wir in unserem Inneren und unserer Umwelt gerade erleben: eine konstruktives Handeln, Bedürfnisbefriedigung charakterisiert durch analytisch-logisches Denken.


  • Der Kind-Ich-Zustand
Gedanken, Gefühle und Verhalten, die ein Mensch früher einmal hatte, die so sind, wie der Mensch früher einmal war: ursprünglich, spontan, lebhaft, impulsiv – Erfahrungen, die man als Kind mit anderen Menschen und der Umwelt gemacht hat. Kennzeichnend für diesen Zustand sind Hilflosigkeit und Passivität. Im Kindheits-Ich-Zustand gibt es drei Aspekte: das angepasste/hilflose Kind-Ich, das trotzige/rebellische Kind-Ich und das freie/natürliche Kind-Ich.


Alle Grundhaltungen sind erforderlich und von Bedeutung, sie bilden das Ganze eines Menschen.


Transaktionen

Transaktionen sind alle sichtbaren Zeichen sozialen Austausches. Sie bestehen aus verbalen und nonverbalen Anteilen. Die Auswertung dieser Transaktionen gibt Hinweise auf die Energiebesetzung der Ich-Zustände. Aus einem bestimmten Ich-Zustand heraus wird eine Transaktion ausgesendet, die darauf ausgerichtet ist, von einem bestimmten Ich-Zustand der anderen Person aufgenommen zu werden. Transaktionsarten werden unterschieden, abhängig, ob die Reaktion vom erwarteten Ich-Zustand zurückgeht oder nicht.

  • Transaktionen sind komplementär, wenn der Empfänger aus dem Ich-Zustand heraus reagiert, den der Absender „anvisiert“ hat – die Transaktionen verlaufen parallel. Kommunikationsregel: diese Transaktionen können unendlich weitergehen.
Beispiel:
"Weißt du, wo meine Unterlagen sind?" (Erwachsenen-Ich fragt Erwachsenen-Ich)
"Ja, dort drüben auf dem Schreibtisch." (Erwachsenen-Ich antwortet Erwachsenen-Ich)
"Musst du immer so hysterisch brüllen?" (Eltern-Ich fragt Kind-Ich)
"Ich schreie so laut ich will!" (Kind-Ich antwortet Eltern-Ich)


  • Wenn die Zielperson nicht aus demselben Ich-Zustand heraus antwortet, in dem sie „angesprochen“ wurde, spricht man von einer gekreuzter Transaktion. Kommunikationsregel: Die Kommunikation wird durch eine gekreuzte Transaktion unterbrochen.
Beispiel:
"Weißt du, wo meine Unterlagen sind?" (Erwachsenen-Ich fragt Erwachsenen-Ich)
"Keine Ahnung! Pass gefälligst selbst auf deine Sachen auf!" (Eltern-Ich antwortet Kind-Ich)


  • bei verdeckten Transaktionen sind meist mehrere Ich-Zustände von zwei Menschen involviert. Es wird eine Botschaft offen, die andere verdeckt gesendet. Die offene Botschaft stellt den Inhaltsaspekt dar, die verdeckte den Beziehungsaspekt der Mitteilung. Kommunikationsregel: Die Kommunikation wird eher von der verdeckten Botschaft bestimmt, als von der offenen.
Beispiel
"Du nimmst drei Stücke Zucker in deinen Kaffee." (unterschwellig streng: So viel Zucker ist ungesund.)
"Ja, manchmal auch vier." (unterschwellig trotzig. Was geht dich das an?)


Die vier Grundeinstellungen


Für die Transaktionsanalyse gibt es vier mögliche Grundeinstellungen, wie ein Mensch sich und andere betrachtet:


1. Ich bin nichts wert, aber du

Depressive Grundeinstellung. Menschen in dieser Grundposition haben Minderwertigkeitsgefühle, traurige Stimmung, ziehen sich zurück oder klammern, richten sich nach anderen, die überbetont bewertet werden, meist aus der überangepassten Kind-Haltung.


2. Ich bin etwas wert, du nicht

Wahnhafte Grundeinstellung. Menschen in dieser Position reagieren arrogant, überheblich oder haben eine überzogen fürsorgliche Haltung, sie sind schnell in ihrem Verhalten angreifbar. Sie fühlen sich irrtümlich überlegen, in dem sie herablassend kritisieren oder ungebeten helfen; aus der überkritischen oder überfürsorglichen Eltern-Haltung.


3. Ich bin nichts wert, und du auch nicht

Grundeinstellung der Sinnlosigkeit. Diese verzweifelte Grundeinstellung kommt in Stresssituationen zum Vorschein. Menschen mit den beiden ersten Grundpositionen können in diese Grundeinstellung abrutschen, wenn z.B. der überbewertete Partner sich abwendet oder der erfolgsgewohnte Helfer sein Versagen realisiert. Ist in allen Ich-Zuständen möglich, außer in der freien Kind-Haltung und im Erwachsenen-Ich.


4. Ich bin etwas wert, und du auch

Menschen mit dieser Grundposition geben sich und anderen den gleichen Stellenwert, erkennen an, dass andere Menschen anders sind, bewerten bei anderen das Verhalten, jedoch nicht ihren Wert.


Welche Grundeinstellung für uns zutrifft, hat jeder in sehr früher Kindheit (bis 3 Jahre) entschieden, aufgrund der Anerkennung, die er von anderen erhielt und so auf seinen eigenen Wert schloss.


Das Lebensskript

In der TA geht man davon aus, dass jeder bis zu seinem siebten Lebensjahr einen Plan, ein Skript entwickelt hat, nach dem der Rest des Lebens (unbewusst) gestaltet wird. Die Analyse eines solchen Drehbuchs und dessen positive Beeinflussung sind Ziel und Aufgabe einer Therapie.

Games people play

Im Rahmen der TA werden meist nur einzelne Gesprächsausschnitte analysiert, 'Spiele' hingegen sind komplexe Situationen und Bündel von Interaktionen, die immer nach dem gleichen Muster ablaufen. Von jedem in der Kindheit gelernt, um sich im familiären Umfeld durchzusetzen, haben Spiele eine bestimmte Abfolge verdeckter Transaktionen, sie haben ein vorhersagbares Ergebnis und führen oft zu negativen Emotionen (vgl.Berne, S.67ff). Um diese Spielsituation aufzudecken und zu analysieren, wird häufig das Dramadreieck nach Stephen Karpman hinzugezogen, das unser Verhalten drei wiederkehrenden Mustern zuordnet: Täter, Opfer oder Retter.

Bedeutung für das NLP

Einige Grundanschauungen der TA stimmen mit dem NLP überein; vor allem das positive Menschenbild und die gegenseitige Akzeptanz als Arbeitsgrundlage werden zum Vergleich herangezogen.

Richard Bandler sagt dazu: "Ich habe TA nie gemocht, weil immer nur das Kind Spaß haben durfte und nur der Erwachsene vernünftig sein konnte. Weil jeder genau die gleichen Teile haben muß, gibt es überhaupt keinen Raum für Individualität. TA ist auch eine in Klassen getrennte Gesellschaft: Mein Erwachsener kann nicht mit deinem Kind sprechen, sondern nur mit deinem Erwachsenen. Das ist nicht fair. (...) Wie viele von Ihnen haben eine "kritische Eltern-Stimme" in sich, die mit Ihnen schimpft(...)? Stellen Sie mal fest, was passiert, wenn Sie die Stimme aus Ihrem linken großen Zeh sprechen lassen..." ' (Bandler, S.85f).


Assoziierte Methoden

Zwei wichtige Konzepte, die angelehnt an die Transaktionsanalyse entwickelt wurden bzw. gemeinsame Ideen haben:

  • Themenzentrierte Interaktion nach Ruth Cohen
  • Psychographie nach Fritz, Friedmann und Winkler


Literatur

  • Bandler, Richard: Veränderung des subjektiven Erlebens. Fortgeschrittene Methoden des NLP. Paderborn 2007, ISBN 3873872714.
  • Berne, Eric: Spiele der Erwachsenen. Hamburg 1970, ISBN 9783499613500.
  • ders.: Was sagen Sie, nachdem Sie Guten Tag gesagt haben? Psychologie des menschlichen Verhaltens. Frankfurt 1983, ISBN 9783596421923.
  • Friedmann, Dietmar & Fritz, Klaus: Denken.Fühlen. Handeln.' Leonberg 2009, ISBN 978391085728.
  • Harris, Amy B. & Harris, Thomas A.: Einmal o.k. Immer o.k. Transaktionsanalyse für den Alltag. Hamburg 1990, ISBN 9783499187889.
  • Harris, Thomas A.: Ich bin o.k. Du bist o.k. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse. Hamburg 1975.
  • Schlegel, Leonhard: Die Transaktionale Analyse. Stuttgart 1995, ISBN 9783825280079.
  • Penfield, Wilder: "Memory Mechanism", American Medical Association. Archives of Neurology and Psychiatry, 67 (1952): 178 -198.
  • Winkler, Werner: Warum sind wir so verschieden? Psychographie als Schlüssel zur Persönlichkeit. Heidelberg 2005, ISBN 3636062549.
  • Hagehülsmann, Ute: "Transaktionsanalyse. Wie geht denn das?" Paderborn 1992, ISBN 3873870762
  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1, Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation, ISBN:978-3499174896

Weblinks