Vaihinger, Hans

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Hans Vaihinger

Hans Vaihinger (* 25. September 1852 in Nehren bei Tübingen; † 18. Dezember 1933 in Halle, Saale) war ein deutscher Philosoph und Kant-Forscher.

Hans Vaihinger

Leben

Hans Vaihinger lebte von 1852- 1933 und war der Sohn eines englischen Pfarrers. Er studierte erst Theologie, dann Philosophie.

In seiner zweiten Lebenshälfte erblindete er nach einer Augenkrankheit vollständig.

Ein großes Thema seiner Arbeit war die Kant- Forschung. Er gab die Kant- Studien heraus und gründete in Kants 100. Todesjahr 1904 die Kant-Gesellschaft.

Weiterhin setze er sich als einer der ersten Philosophen mit Nietzsche auseinander.

Sein eigener philosophischer Standpunkt war der sogenannte „Fiktionalismus“, eine Synthese aus Idealismus und Positivismus.


Leistungen

Hans Vaihinger schrieb zwischen 1876 bis 1878 das eigenständige Hauptwerk die „Philosophie des Als-Ob“, welches erst 1911 veröffentlicht wurde, ein in der heutigen Philosophie fast vergessenes Werk.

Nach der Herausgabe 1911 war es sehr populär und erfuhr von seinem Erscheinen im Jahre 1911 bis 1938 10 Auflagen. Vaihinger selbst sah es als sein Jugendwerk, entstanden aus unzähligen Entwürfen, die er auf Grund gesundheitlicher Störungen nie überarbeitete.

Nach seinem philosophischen Denkansatz benutzt der „Fiktionalismus“ logische Denkfunktionen, um Probleme mittels einer fiktiven Tätigkeit effizienter zu lösen. Vaihinger glaubte, dass logische Denkprozesse Organismen dazu dienen, das Leben zu erhalten und zu bereichern.

Vaihingers Hauptfrage lautet: „Wie kommt es, dass, trotzdem wir im Denken mit einer verfälschten Wirklichkeit rechnen, doch das praktische Resultat sich als richtig erweist? [1] Er selbst gibt dazu die Antwort: „Gerade weil das Denken eine vom Sein verschiedene, heterogene Tätigkeit ist, müssen seine Formen andere sein, als die des Seins, um mit diesem schließlich wieder übereinstimmen zu können[2]

Genau wie NLP das Meta Modell für Sprache benutzt, um Sprache zu klären und sie wieder mit Erfahrung zu verbinden [3], nutzt Vaihinger Fiktionen, um das Denken wieder mit dem Sein zusammenzubringen.

Philosophie des Als-Ob

Trotz aller Bemühungen um den deutschen Idealismus finden sich nicht nur in seinem 1876 bis 1878 entstandenen, aber erst 1911 veröffentlichten eigenständigen Hauptwerk, der Philosophie des Als Ob, Tendenzen, die Lebenspraxis suchen.

Die Ausgangsfrage seiner Philosophie des Als-Ob lautet: „Wieso erreichen wir oft Richtiges mit bewusst falschen Annahmen?“ Vaihinger schreibt dazu:

Das menschliche Vorstellungsgebilde der Welt ist ein ungeheures Gewebe von Fiktionen voll logischer Widersprüche, d. h. von wissenschaftlichen Erdichtungen zu praktischen Zwecken bzw. von inadäquaten, subjektiven, bildlichen Vorstellungsweisen, deren Zusammentreffen mit der Wirklichkeit von vornherein ausgeschlossen ist. Hans Vaihinger Philosophie des Als Ob, 1911, S. 14

Das Ende der Erkenntnis sieht Vaihinger darin, Unbekanntes nicht mehr auf Bekanntes reduzieren zu können. Erkennen heißt bei Vaihinger, Unbekanntes mit Bekanntem zu vergleichen.

Atom, Gott und Seele erklärt Vaihinger als nützliche Fiktionen. Sie erlangen Bedeutung, »als ob« sie wahr seien, auch wenn sie der Denkkonstruktion bewusst widersprechen. Nützliche Fiktionen erhalten ihre Legitimation durch den lebenspraktischen Zweck, damit sind sie für viele Bereiche unentbehrlich.

Auf dem Umweg des Als-ob erreicht man das Gegebene, so lange bis ein kürzerer Weg durch ein neues Modell von Wirklichkeit gefunden wird. Weitgehend vereinbar ist die Philosophie des Als Ob auch mit dem Konstruktivismus, der auch keinen Anspruch auf „die“ Wahrheit erhebt.

Bedeutung für das NLP

Hans Vaihinger war der erste Philosoph, der Dinge annahm, als ob sie wahr wären.

Bandler und Grinder nennen Hans Vaihinger den »Hausphilosophen des NLP« und beziehen sich dabei auf sein grundlegendes Werk, die Philosophie des Als-Ob, woraus sie die Als-Ob-Technik des NLP entwickelt haben.

Nach einem Beitrag von Damir Smiljanic im Marburger Forum [4] zur Neuerscheinung der Philosophie des Als Ob [5] stellt Vaihinger in seinem Werk die These auf, dass wir erst mittels falscher Annahmen der Wirklichkeit näherkommen.

„Die eigentliche Kunst und Aufgabe des Denkens ist, das Sein auf ganz anderen Wegen zu erreichen, als diejenigen sind, welche das Sein selbst einschlägt“ [6]. Dies gelingt mit Hilfe von Fiktionen, die Vaihinger als widerspruchsvolle psychische Gebilde bestimmt, die zwar nicht der Wirklichkeit entsprechen, uns aber der Wirklichkeit näher bringen.

Laut Vaihinger liegt der Hauptunterschied zwischen Hypothese und Fiktion in der Art der Bewährung: Hypothesen müssen bewahrheitet, Fiktionen nur gerechtfertigt werden.

Für ihn sind abstrakte Begriffe wie Gott und Seele genauso wie die Vorstellung von Atomen und Molekülen nützliche Fiktionen und existieren für unser Denken „als ob“ sie wahr wären. Alles Erkennen läuft auf ein Vergleichen hinaus: Unbekanntes wird auf Bekanntes zurückgeführt [7].

Auf dieser Philosophie begründeten Bandler und Grinder viele Formate und setzten den Als-Ob-Frame in vielen NLP - Techniken ein.


Quellen

  1. Hans Vaihinger: „Die Philosophie des Als-Ob“, S.289, Neuherausgabe von Esther von Krosigk, Edition Classic, Saarbrücken, VDM Verlag, 2007, XL + 804 S., ISBN 9783836408127
  2. Hans Vaihinger: „Die Philosophie des Als-Ob“, S.290, Neuherausgabe von Esther von Krosigk, Edition Classic, Saarbrücken, VDM Verlag, 2007, XL + 804 S., ISBN: 978-3-8364-0812-7
  3. Joseph O´Connor. John Seymour: „Neurolinguistisches Programmieren: gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung“, S.149, VAK Verlag, 19. Auflage, 2009, ISBN 978-3-924077-66-2
  4. Marburger Forum, Beiträge zur Situation der Gegenwart; Jg.9 ( 2008), Heft 1
  5. Hans Vaihinger: „Die Philosophie des Als-Ob“, Neuherausgabe von Esther von Krosigk, Edition Classic, Saarbrücken, VDM Verlag, 2007, XL + 804 S., ISBN: 978-3-8364-0812-7
  6. Hans Vaihinger: „Die Philosophie des Als-Ob“, Seite 11, Neuherausgabe von Esther von Krosigk, Edition Classic, Saarbrücken, VDM Verlag, 2007, XL + 804 S., ISBN: 978-3-8364-0812-7
  7. Wikipedia, die freie Enzyklopädie Hans Vaihinger

Literatur

  • Klaus Ceynowa: Zwischen Pragmatismus und Fiktionalismus. Hans Vaihingers „Philosophie des Als Ob.“ Königshausen und Neumann, Würzburg 1993, ISBN 3-88479-751-4.
  • Richard Remmy: Wird durch die Als-Ob-Betrachtung bei Kant die Realität Gottes in Frage gestellt? Dissertation. Erlangen 1920.
  • Otto Ritschl: Die doppelte Wahrheit in der Philosophie des Als Ob. Mit einem freundschaftlichen Eingangsschreiben an Herrn Geheimrat Vaihinger. 1925.
  • Heinrich Scholz: Die Religionsphilosophie des Als-ob. Eine Nachprüfung Kants und des idealistischen Positivismus. 1921.
  • Johannes Sperl: Die Kulturbedeutung des Als-Ob-Problems. Bausteine zu einer Philosophie des Als-Ob. Heft 2. Langensalza 1922.
  • August Seidel (Hrsg.): Die Philosophie des Als Ob und das Leben. Festschrift zu Hans Vaihingers 80. Geburtstag. Reuther & Reichard, Berlin 1932.
  • August Seidel: Wie die Philosophie des Als Ob entstand. In: Die Deutsche Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Band 2. Meiner, Leipzig 1921 ff., S. 175–203.
  • Andrea Wels: Die Fiktion des Begreifens und das Begreifen der Fiktion. Dimensionen und Defizite der Theorie der Fiktionen in Hans Vaihingers Philosophie des Als Ob. Lang, Frankfurt u.a. 1997, ISBN 3-631-32103-1.
  • Stephanie Willrodt: Semifiktionen und Vollfiktionen in Vaihingers Philosophie des Als Ob. Hirzel, Leipzig 1934.

Siehe auch

Weblinks

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