Anker

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[Anker; Ankern; Anchor; Anchors; Anchoring]

Ankern ist der Vorgang des bewusst herbeigeführten Verbindens bestimmter Reize mit bestimmten Reaktionen. Im NLP ist es eine Grundtechnik, die in fast allen Formaten enthalten ist.

»Im NLP ist ein Anker im wesentlichen »eine beliebige Repräsentation (intern oder extern erzeugt), die eine andere Repräsentation oder eine Serie von Repräsentationen oder eine Strategie auslöst. Grundlage beim Ankern ist die Annahme, dass alle Erfahrungen als ›Gestalten‹ sinnlicher Information repräsentiert werden. Immer, wenn ein Teil einer gewissen Erfahrung wieder eingeführt wird, werden auch andere Teile dieser Erfahrung in einem gewissen Maß reproduziert. Jeder beliebige Teil einer Erfahrung kann also als Anker benutzt werden, um einen anderen Teil dieser Erfahrung auszulösen.«

[1]

Die Verankerung scheint als Teil des "Modells" von Virginia Satir aus der Familientherapie in NLP importiert worden zu sein.[2]

Anwendung, Einsatz

Anker werden eingesetzt, um:

  • ressourcenvolle Zustände gezielt herbeiführen zu können,
  • Namen, Begriffe oder Situationen abrufbar zu machen,
  • leichter in der Phantasie an bestimmte Zeiten zu gehen,
  • zurück aus einer Trance in die Gegenwart zu kommen (Gegenwartsanker) oder
  • komplette (NLP)-Formate via Anker auszulösen.

Geschichte

Beim Ankern wird die klassische Konditionierungskette nach Pawlow durchlaufen, für deren Beschreibung er 1904 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin erhielt.

Pawlow zeigte, dass nach einer Konditionierung ein neutraler Reiz eine Reaktion hervorruft, die vorher nur durch einen unkonditionierten Reiz ausgelöst werden konnte. Er ersetzte einen unkonditionierten Reiz (Anblick von Futter) für eine unkonditionierte Reaktion (Speichelfluss) durch einen den konditionierten (=neutralen) Reiz (Glockenton). Indem er regelmäßig kurz vor der Reichung des Futters einen Glockenton erklingen ließ, konnte er nach einigen Malen den Speichelfluss bereits durch den Glockenton auslösen.

Pawlow machte eine weitere sehr wichtige Entdeckung: Hatte er dem Hund über längere Zeit den konditionierten Reiz allein dargeboten, so verschwand allmählich die konditionierte Reaktion; er nannte diesen Prozess "Löschung". Wiederholte er nach einiger Zeit das Experiment, so zeigte der Hund nach wesentlich weniger Versuchsdurchführungen wieder die konditionierte Reaktion auf den konditionierten Reiz.

Das heißt, Anker können sich abnutzen. Sie werden jedoch nicht gänzlich gelöscht, sondern lediglich gehemmt. Abgenutzte Anker können in einem verkürzten Prozess wieder nachgeladen werden.


Biologie des Ankerns

Anker funktioneren nach dem Prinzip Neurons that fire together wire together, also in etwa: "Gehirnzellen, die gemeinsam auslösen, verbinden sich untereinander".

»...Darüber hinaus verbildlichen die modernen, bildgebenden Hirnforschungsverfahren auf neuronaler Ebene zum Beispiel, weshalb eine der besonders grundlegenden Techniken des NLP funktioniert, nämlich das Ankern. Man weiß heute, dass Neuronen, die gleichzeitig aktiv sind, sich durch Synapsen miteinander verbinden. In der Sprache der Neurosciences heißt das: "Neurons that fire together wire together." Wenn man also beim Ankern einen bestimmten Zustand des Klienten mit einem spezifischen visuellen, akustischen oder taktilen Reiz oder einem Geruch verknüpft, aktiviert man entsprechende Nervenzellen, die sich dadurch, dass sie gemeinsam aktiv sind, miteinander verbinden. Die neuronale Verknüpfung erklärt, weshalb dann irgendwann beim Auftreten des bestimmten Reizes gleichzeitig der entsprechende Zustand hervorgerufen wird. Auch die Technik des Zusammenführens von dissoziierten Zuständen (Collapsing Anchors) findet hierin ihre neurophysiologische Erklärung...«  [3]

Reflex, Assoziation, Anker

Anker müssen von Reflexen und Assoziationen unterschieden werden:

  • Unbedingte Reflexe sind angeborene, nicht inhaltlich zu verstehende Verknüpfung eines Reizes (z. B. Hammerschlag aufs Knie) mit einer meist Körperreaktion (Vorstrecken des Beins). Beispiele: Kniesehnenreflex, Lidschlussreflex, Gänsehaut
  • Assoziation (zweipolig): Es gibt eine inhaltlich verständliche Verknüpfung zwischen dem Reiz und der Reaktion. Zweipoligkeit meint hier die Tatsache, dass zum Verstehen der Reaktion nur der Reiz als bekannt gegeben sein muss.
  • Klassischer Anker (dreipolig): Ein Anker nutzt eine gegebene Assoziation, um die Reaktion an einen zusätzlichen Reiz zu knüpfen, der inhaltlich mit der Reaktion vordergründig nichts zu tun haben muss. Ist der Anker erst einmal installiert, wirkt er zweipolig. Um ihn allerdings setzen zu können, muss der zu ankernde Zustand anderweitig hergestellt werden. Durch unmittelbare Erfahrung, Erinnerung oder Imagination. Diese sind zweipolig und inhaltsorientiert.

Anker können Assoziationen sein, wenn sie in der Gegenwart geprägt werden, ohne dass die Person sich dafür an etwas erinnern muss. Die meisten Anker im NLP sind jedoch dreipolig.

Die Sinneskanäle

Anker können über jeden der fünf Sinneskanäle installiert werden:

  • visuelle Anker
    • Einsatz von Gesten und Mimiken
    • Einnahme von bestimmten Orten auf der Bühne bei bestimmten Themen
    • Einsatz von Symbolen (z. B. auf Uniformen), Bildern und Farben (z. B. auf Werbeplakaten)
  • auditive Anker
    • Worte, die besonders betont werden (Lautstärke, Tonhöhe, Sprachgeschwindigkeit)
    • Geräusche, Melodien und akustische Signale (Alarmsirenen der Feuerwehr)
  • kinästhetische Anker
    • Raumanker (z.B. Bodenanker, d.h. das Einnehmen einer bestimmten Position im Raum führt zum geankerten inneren Zustand)
    • gezielte Berührungen - leichter Druck auf das Knie oder einen Punkt am Rücken
  • olfaktorische Anker (Gerüche)
    • Beispiel: Der Geruch einer erlöschenden Kerze ruft "Weihnachtsstimmung" hervor.
  • gustatorische Anker (Geschmack)
    • Beispiel: Beim Genuss einer bestimmten koffeinhaltigen Limonade summt man eine bestimmte Melodie aus einem Werbespot.

Durch Kombination mehrerer Sinneskanäle, beispielsweise das Zusammendrücken von Daumen und Zeigefinger (kinästhetischer Kanal) in Kombination mit dem betonten Ausprechen eines passenden Wortes (z.B. perfectamente), kann man eindeutige Anker installieren.

Arten von Ankern

  • Man kann Anker neu setzen oder bereits vorhandene nutzen (›stealing‹anchors / Anker ›stehlen‹)
Beispiel: Man kann einen Anker setzen, bei dem jemand in einen ressourcevollen Zustand geht, wenn man ihm mit der Hand auf die Schulter klopft und zuzwinkert (z.B. Motivation). Oder man kann ihn nutzen, wenn er schon vorhanden ist, also stehlen.
  • verdecktes oder offenes Ankern
Drückt aus, in welchem Grad die Person, bei der geankert wird, über das Geschehen informiert ist.
  • einmal oder wiederholt
Je häufiger man ankert, desto stärker wird der Anker für gewöhnlich.

Ablauf, Kriterien

Das Grundprinzip des Ankerns ist, einen spezifischen Reiz zu setzen, wenn ein bestimmter Zustand erlebt wird. Ein guter Anker erfüllt die im nächsten Abschnitt erklärten T.I.G.E.R.-Kriterien.

Zustand des Ankernden

Der Zustand desjenigen, der den Anker installiert, ist wesentlicher Bestandteil des Ankers. Das Feuern des Ankers erfolgt mit größerer Präzision, wenn sich der Ankernde im gleichen Zustand befindet, wie zum Zeitpunkt der Installation. Über den Zustand des Ankernden bei der Installation läßt sich der Anker auch an die Person des Ankernden binden. [4]

Die Stärke des Zustandes des Ankernden läßt sich als Sliding Anchor installieren und nutzen.

Wahrnehmung des gewünschten Zustandes

Der Prozess der Installation eines Ankers erfordert die Wahrnehmung des Gegenübers. Soll der Höhepunkt eines Zustandes geankert werden, so geschieht dies nicht zum Zeitpunkt des Höhepunktes der Elizitierung sondern zum Zeitpunkt des Höhepunktes der physiologischen Reaktionen des Gegenübers.

T.I.G.E.R.

Das Wort TIGER besteht aus den Anfangsbuchstaben von fünf wichtigen Kriterien für erfolgreiches Ankern (egal ob visuell, auditiv, kinästhetisch,...):

  • Timing: Den Anker setzen, wenn der zu ankernde Zustand in seinem Maximum erlebt wird. Noch besser - kurz vor dem Höhepunkt der Empfindung (dadurch wird das Anwachsen des Zustandes mit geankert).
  • Intensität: Der zu ankernde Zustand muss eine hohe Intensität der Empfindung haben. Dazu ist es wichtig, den Zustand möglichst umfassend assoziiert zu erleben (VAK(OG)-Trance). In Dissoziation ist es schwer, intensive Gefühle aufzubauen.
  • Genauigkeit: Den Anker präzise setzen. Nur wenn der Anker in gleicher Weise reproduziert werden kann, wird er seine volle Wirkung entfalten.
  • Einzigartigkeit: Um einen Anker erfolgreich zu setzen und wieder benutzen zu können, ist es wichtig, dass der Reiz einen hohen Grad an Einzigartigkeit hat. So würde z.B. ein Händeschütteln als kinästhetischer Anker nicht funktionieren, da dieser Reiz mit Tausenden von anderen Erfahrungen überlagert ist.
  • Reinheit: Nur den gewünschten (positiven) Teil ankern! Dazu sollte der zu ankernde Zustand so rein wie möglich erlebt werden. Ein Beispiel: Jemand möchte den Zustand "Freude" ankern. Er erinnert sich an die Freude, als er seinen Neuwagen zum ersten mal fahren konnte. Später stellte sich dieser Wagen als Montagsauto heraus – was mit viel Ärger verbunden war. Das mischt sich auch an den Gedanken des Neuwagens hinein. Diese Freude ist nicht mehr pur.

Alternativ:
Was wird geankert? - Die Gesamt-Gestalt der Wahrnehmung.
Wo wird geankert? - Der Reiz muss spezifisch sein. Normalerweise wird automatisch in allen Sinnessystemen geankert.
Wie wird geankert? - Am besten kurz vor dem Höhepunkt.

Hinweise & Beispiele

Die Intensität eines Ankers wird durch das Ausmaß des Ursprungserlebnisses oder/und von der Häufigkeit der Wiederholungen beeinflusst.

Anker können "abgenutzt", umgewandelt oder verstärkt werden. Einen Circle Of Excellence, der immer in unangenehmen Situationen eingesetzt wird, empfiehlt es sich wieder aufzuladen. Sonst "wandelt" er sich langsam in einen Stuck State Anker! Ist das Ergebnis des CoE allerdings i.d.R. ein Erfolg, stärkt er sich von allein.

Unser Leben ist voller Anker, sie

  • sind lebenswichtig: z.B. Gewohnheiten → heißen Topf an den Henkeln anfassen
  • entwickeln bei den Menschen Phantasien: z.B. Hubschrauber fliegt über einem Dorf → Einsatz der Bundeswehr? Notlandung? Rettungsaktion?
  • sind weniger nützlich: z. B. Prüfungssituationen → können Wissensleere auslösen
  • erzeugen negative Befindlichkeit (Phobien): z. B. enge Räume → Platzangst(Klaustrophobie)

Ein Beispiel für einen Anker ist ein bestimmtes lang nicht gehörtes Lied, welches gerade im Autoradio läuft. Es führt unmittelbar dazu, dass man sich in eine Situation zurückversetzt fühlt, in der man das Lied oft und viel gehört hat (erste/bestimmte Liebe, Flirt, Strandparty im Urlaub, Beerdigung, "unser Lied" von Partnern, Feierabendsong im Supermarkt usw.). Hierbei handelt es sich um einen typischen Anker: eine Sinneswahrnehmung (lange nicht gehörtes Lied) führt unmittelbar zu einem emotionalen Zustand (fühlen wie in einer bestimmten Situation "damals"). Ähnliche Verbindungen können visuell, durch eine Berührung, einen Geruch oder einen Geschmack ausgelöst werden.

Sehr typische gezielt eingesetzte akustische Anker sind Titelmelodien von TV-Serien/TV-Magazinen. Bekannt sind: Bonanza, Lindenstraße, Sesamstraße, Monitor, Spiegel-TV, Tagesschau. Hört man die Melodie, stellt sich bereits ein bestimmtes Gefühl ein, das von der Sendung erzeugt wird.
Eingesetzt werden akustische Anker auch in der Werbung (z.B. Bacardi, Telekom, Marlboro, Langnese). Der Leser prüfe sich, zu welcher Serie/Werbung ihm sofort die Melodie in den Sinn kommt. Das funktioniert so, als auch umgekehrt.

Anker können auch Gegenden, Gebäude, Räume, Plätze in Räumen, Gegenstände oder Kleidungsstücke sein, ebenso wie Menschen oder Tiere (alles kann ein Anker sein).

Wenn man zu bestimmten Gelegenheiten beispielsweise geraucht hat, kann es sinnvoll sein, auf dem Weg zum Nichtraucher, diese Gelegenheiten zu meiden oder konsequent umzuankern.

Wenn man schnell in einen bestimmten Zustand, wie Kreativität, Meditation, Klarheit kommen will, kann es helfen, immer den selben Ort aufzusuchen, mit immer dem selben Ziel von Kreativität, Meditation, Klarheit. Auch Worte und Gesten sind Anker, beispielsweise in der Meditation das Mantra OM und der Meditationssitz (optimalerweise in bestimmter Kleidung, am besonderen Ort, umgeben mit bestimmten Symbolen und Gerüchen sowie spezieller Musik (VAKOG)).

Formate, in denen diese Technik angewendet wird

Ankern ist eine der Basistechniken im NLP, die in sehr vielen Formaten vorkommt.
Ankerformate sind:

Übungen

  • Entdecken Sie Anker in Ihrem täglichen Umfeld: Welche unterstützen Sie, welche schränken Sie ein? Nutzen Sie die unterstützenden, ändern Sie die einschränkenden.


Siehe auch

Bodenanker

Verwandte Begriffe

Einzelnachweise

  1. Robert B. Dilts, John Grinder, Richard Bandler: Strukturen subjektiver Erfahrung, S. 134, ISBN 3873872293
  2. Haber, Russell, (2002): Virginia Satir: An integrated, humanistic approach Contemporary Family Therapy, Vol 24(1), Mar 2002,p32 pp. 23-34 ISSN 1573-3335 doi:10.1023/A:1014317420921
  3. aus dem Artikel 'Kommunikation mit NLP' managerSeminare Heft 96, März 2006
  4. Gerd Castan: Professionell Ankern, Kapitel Intention und Zustand des Ankernden, eBook ISBN 978-3-00-042092-4, Taschenbuch ISBN 978-3-00-042333-8

Weblinks